Katholische Wallfahrtskirche St. Marien zu Dalhausen

Zur Geschichte der Pfarrei und der Wallfahrt

Die kirchliche Frühgeschichte Dalhausens, der Ort wird um 971 erstmals erwähnt, ist eng mit dem in der Soester Fehde zerstörten Dorf Eddessen verknüpft, denn bis 1221 gehörte auch das Beverdorf als Filiale zu dessen Pfarrei. Erst dann wurde Dalhausen eigenständig, allerdings ergab sich knapp hundert Jahre später erneut eine Änderung. Im Jahre 1305 überträgt Graf Otto von Everstein, der Grund- und Patronatsherr von Dalhausen, seinen Besitz dem Benediktinerinnenkloster Gehrden mit dem Ziel, hier einen Tochter-Konvent zu gründen. Allerdings ist diesem Konvent kein langes Leben beschieden. Dennoch prägte das Kloster Gehrden für mehr als fünf Jahrhunderte das kirchliche Leben im Ort. Erst mit der Säkularisation 1802/03 und der Aufhebung des Klosters Gehrden im Jahre 1810 endete dieser Einfluss. Die Rechtsnachfolge hinsichtlich der Rechte und Pflichten trat der preußische Staat bzw. nach 1946 das Land Nordrhein-Westfalen an.
Das Kloster war offenbar auch dafür verantwortlich, dass sich in Dalhausen die Reformation kaum bemerkbar machte, angeblich gab es 1656 laut einem Pfarrbericht lediglich ein lutherisches Ehepaar im Dorf. Zu diesem Zeitpunkt war der Ort schon drei Jahrhunderte als Wallfahrtsort bekannt. Die Anfänge gehen zurück bis ins 14. Jh., zu diesem Zeitpunkt erhielt die Kirche auch den Namen Mariä Geburt. Um 1300 entstand das Gnadenbild Maria mit dem Kind, das bis heute im Zentrum der Marienverehrung steht. Laut der Inschrift in einem Medaillon am Hochaltar wurde dieses Gnadenbild im Jahre 1403 von einer Herzogin von Braunschweig mit einem goldenen Mantel beschenkt.
Für das frühe 15. Jh. sind zahlreiche Heilungen nach dem Besuch des Gnadenbildes durch weitere Medaillons bezeugt, was die Pilgerzahlen ansteigen ließ. Ähnlich wie das nahe Jakobsberg profitierte Dalhausen daneben von dem frühneuzeitlichen Trend, nicht mehr die weit entfernten klassischen Pilgerziele aufzusuchen, sondern in der näheren Umgebung zu bleiben. Für Dalhausen gilt dabei „Mariä Geburt“ (8. September) als das älteste Wallfahrtsdatum, „Mariä Heimsuchung“ (2. Juli) folgte um 1800. Die Wallfahrt nach Dalhausen erlebte ihre Höhen und Tiefen, aber bis heute pilgern Gläubige aus nah und fern zur „Trösterin der Betrübten“.


Ein markantes Jahr für die Pfarrei stellt 1868 dar, als im Ort die Cholera ausbrach und 42 Opfer forderte. Im Oktober trat der Gemeindevorstand zusammen und formulierte ein Gelöbnis, das neben dem Verzicht auf Tanzveranstaltungen an den Fastnachtstagen auch die Zelebrierung eines feierlichen Hochamtes am Rosenmontag sowie Sechsstundengebete an den beiden Hauptfastnachtstagen Montag und Dienstag vorsieht. Dieses Gelöbnis wird bis heute gepflegt. Eine andere Tradition, das Weihnachtssingen am Heiligabend, früher traditionell um zehn Uhr auf dem Platz vor der Kirche beginnend, wird heute in veränderter Form fortgeführt.

Das Kirchengebäude

Das erste, in der Abpfarrungsurkunde von 1221 genannte Gotteshaus von Dalhausen war eine Kapelle. Unter der Äbtissin Victoria Dorothea von Juden wurde fast fünfhundert Jahre später in den Jahren 1718-1721 eine neue Kirche „Zu Ehren der großen Mutter, der Unbefleckten Jungfrau“, wie es auf einer Gedenktafel am Kirchturm heißt, errichtet. Das einschiffige Gebäude wurde am 19. Oktober 1721 von dem Paderborner Weihbischof Pantaleon Bruns geweiht und erhielt eine barocke Ausstattung mit drei Altären. Auffallend ist, dass sowohl die Äbtissin als auch der Weihbischof aus dem Nachbarort Borgholz stammten. Die Glocken hingen zunächst in einem Dachreiter, ab 1877 dann im neu errichteten Kirchturm.
Kurz nach dem 2. Weltkrieg entschloss man sich zu einer umfassenden Erweiterung des Kirchenschiffes, da die Bevölkerungszahl deutlich gestiegen war. Unter Pastor Joseph Feldmann wurden in den Jahren 1949-1953 ein neues Querhaus sowie ein Chor errichtet, das Hauptschiff wurde durch den Bau von zwei Seitenschiffen ergänzt. Die Langfenster des Hauptschiffes wurden zu Rundfenstern umgestaltet, Seitenschiff und Chor erhielten dagegen viereckige Fenster. Ein neuer, 36 Meter hoher Kirchturm ergänzte den Umbau. Er befindet sich jedoch nördlich der Hauptachse des Gebäudes, so dass eine große Eingangshalle errichtet werden konnte.
Dem Zeitgeist entsprechend wurden die Barockaltäre in der modernen Kirche als störend empfunden und durch neue Altäre ersetzt. Dabei ging man jedoch inkonsequent vor, da die alten Altarbilder beibehalten wurden. Dieser Zustand wurde schon bald als unbefriedigend empfunden, so dass unter Pfarrer Franz Seidel, dessen Bestreben es war,  der Marienverehrung einen würdigen Rahmen zu geben, eine erneute Umgestaltung des Gotteshauses erfolgte, die am 26. Mai 1985 mit der Konsekration der erneuerten Barockaltäre ihren Abschluss fand. Die Restauratoren stellten dabei den Urzustand der ausgelagerten Altäre weitgehend wieder her, wobei die Seitenaltäre farblich dem Hochaltar angepasst sind, so dass sich eine einheitliche Wirkung ergibt. Der nüchterne Kirchenraum wird durch dieses Altarensemble festlich geprägt.

Die Innenausstattung der Kirche

Die Wallfahrtskirche verfügt über eine reiche Ausstattung, nicht alle Gegenstände, geschweige denn Details können im Rahmen dieses Kirchenführers beschrieben werden. Im Zentrum der Kirche steht der Altarraum. Der Zelebrationsaltar stammt aus dem Jahr 1985, er birgt die Reliquien der hl. Märtyrer Gereon und Ursula sowie des hl. Laecidianus und der hl. Gaudiosa. In der Mitte der Frontseite fällt eine rechteckige Kassette auf mit einem geschnitzten Pelikan, der drei junge Pelikane füttert. Es handelt sich dabei um ein altes Symbol für den Opfertod Christi. Ambo, Lektorenpult und Chorgestühl ergänzen die Einrichtung.
Dominiert aber wird der Altarraum durch den Hochaltar, der wie die beiden Seitenaltäre zurück auf das Jahr 1721 geht. Alle drei entsprechen dem im Hochbarock gängigen Retabeltypus. Beim Hochaltar erhebt sich über dem Gesims mit dem gesprengten Giebel die sogenannte Attika mit dem Rundbild. Bei den Seitenaltären finden wir an dieser Stelle eine ovale Kartusche mit pflanzlicher Ornamentik als Rahmen für die oberen Gemälde. Unterschiede ergeben sich vor allem auch bei der Datierung der Gemälde. Während das Rundbild des Hochaltars mit dem Motiv „Der hl. Josef mit dem Jesuskind“ erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden zu sein scheint, geht das Bild des Hochaltars zurück auf die Erbauungszeit der Kirche. Es zeigt eine klassische Darstellung  der „Maria Immaculata“: Maria triumphiert über die Erbsünde, symbolisiert durch die Schlange, die den Erdball umwindet. Mondsichel, 12 Sterne um den Kopf und eine Aureole aus Sonnenstrahlen vervollständigen das Bild.
Das Motiv bezieht sich auf das Patrozinium der Kirche, die der Unbefleckten Empfängnis Mariens geweiht ist. Maria trägt viele Titel, hier wird sie durch zwei Inschriften als „CONSOLATRIX AFFLICTORUM“, als „Trösterin der Betrübten“ sowie als „REFUGIUM PECCATORUM“, „Zuflucht der Sünder“, charakterisiert. Nicht zum ursprünglichen Bestand des Gemäldes gehören sieben Medaillons mit der Darstellung einiger im frühen 15. Jh. vor dem Gnadenbild geschehenen Wunder, denn sie überdecken Teile des Gemäldes, wie z. B. einzelne Puttenköpfe. Möglicherweise sind sie 1764 aus Anlass einer Heilung in das Hochaltarbild eingetragen worden. Rechts und links vom Altarbild finden sich zwei Heiligenfiguren: Links ist der hl. Bernhard von Clairvaux zu sehen, rechts der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort. Beide Heilige haben eine große Bedeutung für die Marienverehrung. Die Figuren wurden in der Südtiroler Werkstatt von Herbert Moroder gestaltet. Das Gemälde selbst stammt von Hermann Veltmann (1661-1723), einem Coesfelder Maler, der auch das ovale Gemälde des hl. Johann Nepomuk in der Bekrönung des südlichen, dem hl. Joseph geweihten Gnadenaltars geschaffen hat. Vor diesem Altar befindet sich das um 1300 entstandene Gnadenbild, eine 30 cm große gotische Holzstatue der Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm. Möglicherweise geht sie zurück auf eine Stiftung der Grafen von Everstein. Im Jahre 1403 erhielt die Statue einen Mantel aus Goldbrokat, gestiftet durch eine Herzogin von Braunschweig. Die beiden Kronen gehen möglicherweise auf das Jahr 1721 zurück. Das Gnadenbild wird an den Wallfahrtstagen bei der Prozession mitgeführt.
Maria als „Hilfe der Christen“ – so die deutsche Übersetzung der Inschrift „AUXILIUM CHRISTIANORUM“ –  ist auf dem Altarbild zu sehen, das um 1912/13 von dem Maler Hermann Bergenthal aus dem Sauerland gemalt wurde. Er schuf auch das Altarbild „Liebe Frau vom Rosenkranz“ des nördlichen Rosenkranzaltars, der dem hl. Benedikt sowie dem hl. Dominikus geweiht ist. Die Mutter Gottes mit dem Jesuskind auf dem Schoß reicht auf dem Bild dem heiligen Dominikus einen Rosenkranz. Im offenen Tabernakel steht eine Figurengruppe „Anna Selbdritt“ in klassischer Zusammenstellung: Die hl. Mutter Anna trägt das Jesuskind auf dem Arm, an ihrer linken Seite steht ihre Tochter Maria. Es handelt sich um ein Geschenk des Klosters Gehrden an seine Eigenkirche und entstand gegen 1510 im Umkreis der „Meister von Osnabrück“.

Links vom Rosenkranzaltar steht ein kunstvoll geschnitzter Taufbrunnen, eine Statue auf dem Deckel zeigt die Taufe Christi durch Johannes. Auch sie stammt aus Südtirol. Rechts vom Gnadenaltar befinden sich zwei Barock-Vitrinen mit Votivgaben aus den vergangenen Jahrhunderten. Die Gaben wurden dem Gnadenbild aus Dankbarkeit für Gebetserhörungen übereignet.
Die Wallfahrtskirche weist eine ganze Reihe von Figuren auf. Der Altarraum wird durch zwei Statuen mitgeprägt: An der südliche Seite befindet sich eine Konsolfigur der hl. Elisabeth von Thüringen, ihr gegenüber links steht die um 1750 gefertigte Figur des hl. Michael, der den Drachen als Symbol des Bösen tötet. Im Querschiff stehen zwei farbig eingefasste, um 1850 entstandene neogotische Gipsfiguren: Rechts findet sich der hl. Aloysius von Gonzaga, links der hl. Franz Xaver. Zwei moderne Lindenholzfiguren, die um 1950 von dem Bildhauer Franz Mischke aus Paderborn gestaltet wurden, verweisen auf die alte Verbundenheit des Beverdorfes mit der ehemaligen Benediktinerinnenabtei Gehrden. Auf der Südseite ist der hl. Benedikt, auf der Nordseite seine Zwillingsschwester, die hl. Scholastika, dargestellt. Sie stehen auf Sandsteinsockeln an der vorderen Abschlusswand des Querschiffs zum Hauptschiff.
Im Hauptschiff sind insgesamt sechs Konsolfiguren aufgestellt, vom Haupteingang aus betrachtet links finden sich die hl. Agatha, ihr Attribut ist die Zange, die Figur „Hl. Herz Jesu“ und schließlich der hl. Antonius von Padua mit dem Jesusknaben auf dem Arm. Auf der rechten Seite findet sich zunächst die Statue des hl. Joseph, hier dargestellt mit dem Jesusknaben auf dem Arm und einem blühenden Lilienstab als Symbol der Unbescholtenheit in der Hand. Es folgen der hl. Liborius als Bistumspatron sowie der hl. Franz von Assisi. Zu seinen Füßen hat der Südtiroler Künstler Herbert Moroder einen Ast mit verschiedenen Vogelarten angeordnet, bekanntlich soll der Heilige auch den Tieren gepredigt haben.
In den beiden Seitenschiffen hängen die vierzehn Stationsbilder des Kreuzweges. Die Ölbilder sind um 1885 gemalt worden und stellen eine Stiftung von in den USA lebenden ehemaligen Dalhausenern dar. An den Innenwänden der Seitenschiffe befinden sich 12 barocke Apostelleuchter mit reliefartigem Kreuzsymbol und jeweils einer Kerze. Im linken Seitenschiff befindet sich in einer Nische eine Pieta, die trauernde Maria beugt sich über den toten Gottessohn und hält dabei seinen Oberkörper im rechten Arm.
Der Andachtsraum unterm Turm birgt ein kostbares geschnitztes Nothelfer-Altarbild: Das Jesuskind im Zentrum ist dabei umgeben von den sogenannten 14 Nothelfern. Im Raum befindet sich außerdem ein Bild des Gesellenvaters Adolf Kolping.
Schließlich sei noch die neue 3-manualige Barockorgel mit 43 Registern erwähnt, die in der Orgelbauanstalt Sauer, Ottbergen, erstellt und am 29. März 1998 eingeweiht wurde. Auch der Orgelprospekt fügt sich in das Gesamtensemble der Wallfahrtkirche ein. Mit dem Blick auf das dominierende Rundfenster der Westwand, gemalt 1954 von Eckbert Lammers mit dem Titel „Mariä Geburt“, verlässt der Betrachter, die von einer besonderen Ruhe und Festlichkeit strahlende Kirche.
(Christoph Reichardt, SHP Beverungen)